Nachdem ich ein Jahr lang auf den 10. September 2017 hintrainiert habe und der Tag selbst wahrscheinlich der längste meiner bisherigen Sportkarriere war könnte es gut sein, dass mein Bericht über den Ironman Wales dieses Mal auch ein wenig länger ausfällt. Also holt euch vorher einen Kaffee, oder ein Red Bull =), und los geht’s…
Warum Wales als Debütstrecke werden sich erstmal viele fragen. Zumindest durfte ich mir die letzten Monate diese Frage öfters anhören. Ganz einfach, mir war von Anfang an klar, dass ich bei meinem ersten Ironman auch so fit sein wollte, dass ich die Qualifikation für die Triathlon WM auf Hawaii gleich mit anpacken kann. Auf dieses Ziel arbeite ich seit nun knapp 4 Jahren hin. Mir ging es nie um ein Finish auf der Langdistanz. Wenn dann mit einem Ergebnis auf das ich stolz sein kann. Ich hatte sogar mal in den Raum geworfen, dass ich erst eine Langdistanz mache, wenn ich mir eine 8:30h zutraue. Ok, Ok, davon war ich jetzt weit weg, aber ich glaube dafür gibt es gute Gründe. Aber der Reihe nach. Auf jeden Fall fühlte ich mich dieses Jahr soweit, das Ziel Hawaii-Quali anzugehen. Mein Plan: Ein Wettkampf im Herbst musste her, damit ich nach erfolgreicher Qualifikation wieder ein Jahr Zeit hätte, mich auf den Start in Kona vorzubereiten, um dort auch so fit wie möglich anzutreten. Da der IM Mallorca in diesem Jahr abgesagt wurde, blieben für mich nur noch Barcelona und Wales zur Auswahl. Da wir im Anschluss an den Wettkampf noch ein paar Tage Urlaub dranhängen wollten, durfte meine Freundin Nati den Wettkampfort aussuchen. Ich musste ihr auch das Gefühl geben auch etwas entscheiden zu dürfen. Ihr wisst ja was ich meine?! Ich hätte eigentlich vorher wissen müssen, dass sie sich für Wales entscheidet – die 2.500 Höhenmeter auf der Radstrecke sowie 500 Höhenmeter auf der Laufstrecke und den allgemein schwierigen Bedingungen hat sie zugunsten des Urlaubs dabei mal großzügig übersehen. So richtig bewusst wie hart die Strecke sein würde wurde mir auch erst klar, als ich zu ihr meinte: „Ok, dann machen wir halt Wales als Einstand“
Mit dem Auto ging es dann ab München los. In mehreren Etappen sind wir über Deutschland, Niederlande, Belgien, Frankreich und nach einer Fährüberfahrt am Freitag, zwei Tage vor dem Wettkampf, noch relativ entspannt im Küstenort Tenby angekommen.
Als wir nach Tenby in den Ort gefahren sind, habe ich am Straßenrand die ersten Dixis gesehen und meinte nur: „Oh, schau mal, hier geht dann wohl die Radstrecke lang, da kann man es ja bis zu T2 schön ausrollen lassen.“ Man muss dazu sagen, dass es ordentlich bergab ging. Als aber ein paar Meter weiter die nächsten Dixis standen, wurde mir so langsam bewusst, dass es sich nicht um die Radstrecke handeln konnte, sondern um die Wendepunkt-Laufstrecke. Mein zweiter Kommentar war zur Nati: „Die spinnen doch! Die können uns doch nicht vier Mal hier hochlaufen lassen!?“. Aber konnten sie ja wohl doch….
Die beiden Tage bis zum Sonntag haben wir genutzt um in Ruhe die Startunterlagen abzuholen, eine schön große Portion Fish-and-Chips am Stand zu essen (Kalorien sind Kalorien, oder?!) und ich habe noch einmal ein kurzes Stück der Radstrecke abfahren können. Dabei habe ich schon mal einen Vorgeschmack auf Sonntag bekommen und bekam die ersten Zweifel ob ich wirklich das richtige Rad eingepackt hatte. In dem Moment hätte ich das Rennrad dem TT vorgezogen. Die Windböen haben mich dermaßen verblasen, dass es nicht mehr feierlich war. Als ich aber am Samstag beim Radcheck-In Typen mit noch größeren Aero-Laufrädern und sogar Scheibenlaufräder gesehen habe, war ich wieder beruhigt. Und außerdem hatte ich ja noch mein grünes „Anfänger-Bändchen“ bekommen, damit gleich alle Informiert waren, dass es erst meine erste Langdistanz wird. 🙂
Als wir wieder im Hotel beim Abendessen saßen wusste ich nicht so recht was ich von dem Englischem Essen bestellen sollte. Ich entschied mich klassisch für eine riesen Portion Nudeln. Bei der Auswahl des Getränkes wollte ich eigentlich ein alkoholfreies Bier haben. Aber die hatten nur so ein komisches (angeblich Bayrisches) Bier, da entschied ich mich dann lieber für ein walisisches Stark-Bier. Haha, mit dem habe ich dann auch gar nicht mal so übel geschlafen.
Der Wecker hat dann Sonntagsmorgens um 3:30 Uhr geklingelt. Erstaunlicherweise war ich gar nicht so aufgeregt. Fast schon zu entspannt. In der früh habe ich mir die 3 obligatorischen Nutella Toastscheiben reingezogen und meine Radflaschen mit 16 Gels befüllt. In der Wechselzone noch kurz das Rad aufgepumpt, den Garmin gestartet. Dann das erste Problem: Der Garmin hat mein Vector Wattmesssystem nicht gefunden. Ok, einfach neu verbinden dachte ich mir, aber nix war’s. „Zu viele Wattmesser gefunden. Mindestens 6 Meter Abstand.“ Na toll, gar nicht so einfach in ein Wechselzone voller Higtech-Material. Ich also mit dem Rad ins hinterste Eck der Wechselzone und dann hat es auch geklappt. Erstes Problem erfolgreich gemeistert, haha.
Und dann ging es auch schon mit den restlichen 2.000 Irren auf den Weg zum Start. Nati hat sich schon mal einen guten Platz auf den Klippen gesucht, während ich mich unter die restlichen Starter gemischt hatte um mit ihnen die steilen Serpentinen zum Start zu watscheln.
Zum Schwimmen in Tenby soviel: Geschwommen werden zwei Runden mit einem kurzen Landgang. Mein Ziel war es die 3,8km in unter 1h zu schwimmen. Mit 59:40 Minuten war ich da voll im Plan. Wer aber denkt, dass das Schwimmen im Meer und die Strömung seien das knackige an der Sache, der irrt. Lustig wurde erst der Schwimmausstieg. Besagte Serpentinen hoch zur Straße müssen die Sportler nämlich nach dem Ausstieg aus dem Meer ganze 1,5 km lang laufen, um zur ersten Wechselzone zu gelangen! Die drehen echt voll am Rad die Waliser! Wir durften aber dort an einem extra Ständer nochmals Schuhe in pinken Platiktüten deponieren, um für’s Wechseln aufs Rad Laufschuhe anziehen zu können.
Dabei hab ich dann auch meine Sportsfreunde Harald und Heike Funk nochmal getroffen. Nach letzten Glückwünschen, letzten Tipps von den beiden erfahrenen Triathlon Urgesteinen, der walisischen Nationalhymne und Gänsehaut beim Sonnenaufgang ging es dann auch endlich los! Die erste Runde verlief dank mäßigem Wellengang auch ganz gut. In der zweiten Schwimmrunde war ich gedanklich mal kurz abwesend und bin ein paar Zusatzmeter geschwommen. Außerdem wurde jetzt der Wellengang auch viel stärker. Das war aber nicht so tragisch und mit dem Salzwasser hatte ich auch keine Probleme. Der Blick auf die Uhr nach dem Schwimmen verriet mir, dass ich super unterwegs war.
Schnell den Schuhbeutel geschnappt und los ging’s auf den langen Weg zur Wechselzone. An der Stelle das erste Lob von vielen an die Waliser und die Einwohner von Tenby: so viel Unterstützung an der Strecke morgens um 8 bei Affenkälte findet man nirgends sonst. Gänsehaut, einfach krank! Als ich auf dem Rad saß, war der Kreislauf dann endgültig auf Touren Die ersten Kilometer auf dem TT liefen ganz nach Plan für mich. Ich holte eine Radgruppe nach der anderen ein und konnte mich gut absetzen.
Die Windböen machten mir kaum was aus und auch die Seitenwinde konnte ich gut wegstecken. Ich kenne mein Trek Speedconcept inzwischen so gut, dass ich weiß wie es sich auch bei solchen Wetterverhältnissen verhält. Aber dann zwischen KM 40 – 50 setzte der Regen ein. Zuerst hatte ich nur die Hoffnung, dass es nur ein kurzer Schauer ist, so wie es die Tage davor mehrmals war. Aber hier wurde ich leider enttäuscht.
Es wurde dann zu einem Dauerregen, der erst später auf der Laufstrecke nachgelassen hat. Das zu den Windböen der Stärke 8, die schon seit Beginn der Radstrecke da waren, war dann mehr als ungemütlich. Irgendwann – jegliches Zeitgefühl hatte ich schon verloren – bin ich auf Harald Funk aufgefahren und wir sind ein Teil gemeinsam weitergefahren. Nach einer Weile haben wir noch einen Franzosen eingeholt, der in meiner AK unterwegs war.
Allerdings musste ich kurz vor dem Ende der ersten Rad-Runde Harald ziehen lassen. Harald hatte das Tempo etwas angezogen, dass ich keines guten Gewissens komplette 180 km mitgehen wolle, den anschließenden Marathon im Kopf. Der Franzose und ich waren also nur noch zu zweit unterwegs. Wir sind konstant und kontrolliert T2 entgegengefahren.
Zusammenfassend lässt sich zum Radfahren sagen, dass es sich in Tenby um eine mehr als anspruchsvolle Radstrecke handelt, nicht nur die Höhenmeter, sondern auch die uneinsichtigen, nassen Abfahrten waren teilweise sehr gefährlich und haben eine Menge Athleten zur Aufgabe gezwungen. Ich habe da nichts riskiert und war nach 5:29:54 Stunden auch sehr froh, vom Rad steigen zu können. Den Franzosen hatte ich wohl kurz vor Ende der Radstrecke noch abschütteln können.
In der zweiten Wechselzone hab ich mir erstmal zwei Iso-Gels reingezogen, bevor es an den Marathon ging. Mittlerweile wusste ich dank den Helfern aus dem Wechselzelt auch, dass ich erster in meiner AK war! Bäm – das hat mich natürlich nochmal ordentlich gepusht.
Auf der Laufstrecke ging es über vier Runden, 42 km und 500 Höhenmeter dem Ziel entgegen. Die ersten Kilometer habe ich versucht nicht zu schnell anzugehen und versucht so kontrolliert zu laufen wie möglich. Bei der ersten Verpflegungsstation habe ich mir eine Dose RedBull und ne halbe Banane geschnappt und die bergauf schön gegönnt.
Bis KM 18 lief es dann auch zu gut, sodass ich an den Verpflegungsstationen auf weiter Nahrungsaufnahme verzichtete. – ein Fehler wie sich herausstellen sollte. Denn auf einmal war es da, das Energieloch…. Von jetzt auf gleich ging nichts mehr. Der Pace komplett im Keller und gefühlt bin ich nicht mehr vorwärts gekommen.
So heftig und schnell habe ich das nicht erwartet. Die 2,5km bis zur nächsten Verpflegungsstation kam mir wie eine Ewigkeit vor und ich habe schon das Rennen an mir vorbeiziehen sehen. Ich hätte mich mal besser nicht auf dem guten Gefühl ausruhen sollen. An der Verpflegung habe ich erstmal einen ordentlichen Stempel reingehauen und im Gehen alles in mich reingeschaufelt, was da so rumlag: 2x Redbull, 2x Banenen, 3x Gels und eine Handvoll Chips. Lecker die Kombi, haha Aber wir lernen ja alle dazu. Der Hungerast hat mich bestimmt gute 10 Minuten gekostet. An der nächsten Verpflegung dasselbe Spiel nochmal und es ging endlich wieder aufwärts. Ich konnte mich wieder aufrappeln und die letzten eineinhalb Runden konstant zu Ende laufen. Wahnsinnig geholfen haben auch auf der Laufstrecke wieder die Massen an Zuschauern in Tenby. Die waren nämlich wirklich außergewöhnlich. Die Stimmung an der Strecke war bombastisch und die Waliser haben da echt Party gefeiert. Das war ziemlich cool, aber gegen Ende des Marathons hat trotzdem irgendwann einfach nur noch jeder Schritt und jede Bewegung weh getan. Ich war noch nie so froh, eine Zielgerade zu sehen! Ganz ehrlich: Die Leute sagen immer, der Zieleinlauf ist das Schönste an der Sache und macht alle Schmerzen wett. Also schön war das definitiv, ich war auch wahnsinnig froh, dass es endlich vorbei war, aber das Beste am ganzen Tag war nicht der Zieleinlauf, sondern der Moment, als ich wieder im Auto saß und die Sitzheizung volle Pulle ging. Scheiße war das kalt!
Es dauerte auch ein paar Minuten, bis ich realisiert hatte, dass ich meine AK gewonnen habe und die Hawaii-Quali im Sack war.
Alter, das war ein mega geiles Rennen. Mit dem Rennergebnis von 10:04:11 Stunden und dem 15. Gesamtplatz bin ich mega zufrieden. Das war die Belohnung für die vielen harten Trainingsstunden!! Ein bisschen stolz macht es mich auch, dass ich 3. bester Nicht-Profi-Athlet war.
Last but not least: Ich möchte mich hiermit bei meinem Trainer Frank bedanken, der einen super Job gemacht hat. Ein großer Teil des Erfolges geht auf ihn zurück und ohne Frank wäre ich nicht so weit gekommen.
Frank, danke für deine aufbauenden Worte und deine Ehrlichkeit, die mich auch oft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat!! Ich freue mich schon riesig, das Projekt Kona mit dir zu planen
Ergebnisse:
Ergebnisse nach Altersklassen: Link
Streckendetails:
Schwimmen: Link
Radfahren: Link
Laufen: Link
Zeiten:
Lydia ||| theswimbikerunyogini
20. September 2017Was für ein Debüt! Soooo stark! Gratulation nochmal! Aber ehrlich gesagt hab ich nach deinem „Alleingang“ beim Wings for Life World Run schon so etwas geahnt, nein fast schon damit gerechnet. Für mich: wie von einem anderen Stern. Aber nicht jeder mag sich auf Hawai quälen, manche wollen sich dort nur die Sonne am Bauch scheinen lassen. Triathleten halt. Nein, freu mich auf deine Vorbereitung darauf, gesund bleiben und ein groooosses Lob an Natalie für die Bilder.
LG Lydia
Markus Stöhr
25. September 2017Hi Lydia,
Dankeschööööön!! Auf Hawaii wird dann das Sonne-auf-den-Bauch-scheinen-lassen sicherlich auch nicht zu kurz kommen. 🙂 Werden noch ein paar Tage Urlaub dran hängen.
LG Markus
Flachy
20. September 2017Aloha Champ,
Well done, gut durchgezogen!
Übrigens, wir sind uns in Tenby am Sonntagmorgen auf der Radstrecke begegnet, besser gesagt bist Du wie mit einem Moped an mir vorbei gebrettert, hast mich noch mit den Worten “schönes Fahrrad“ aufgebaut, bevor es dann so richtig nass und zapfig wurde…
Mein Speed Concept ruht sich jetzt übrigens immer noch in der Radtasche aus…
Hau rein, wir sehen uns nächsten Oktobe in der Ironweek auf dem Ali’i Drive in Kailua-Kona!
Markus Stöhr
25. September 2017Da kann ich mich noch dran erinnern. Da hatte das Radfahren noch so richtig Spaß gemacht. 🙂
Konnte mich aber auch nicht sofort motivieren mein Rad zu putzen. War dann aber dringend notwendig. War deins auch so voller Sand?
Dir noch Glückwunsch zur Hawaii-Qualifikation! Gutes Training bis dahin und bis nächstes Jahr!!
Denize
21. September 2017Sehr geiler Artikel! Vorbild pur!
Markus Stöhr
25. September 2017Danke 🙂
Klasse Leistung von dir gestern in Berlin!!